THE
ROCKY HORROR SHOW
in den Berliner Kammerspielen
B E S E T Z U N G S L I S T E
Frank-N-Furter | Frank Kirschgens |
Riff-Raff | Claudio Maniscalco |
Magenta | Christina Rothacker |
Columbia | Isabel Dörfler |
Rocky | Greg Shand |
Eddie | Ralf Schwachmayer |
Brad | Andreas Lachnit |
Janet | Katja Brauneis |
Dr. Scott | Martin Stier |
Erzähler | Michael De Winter |
| |
Regie | Anna Vaughans |
Bühnenbild | Knut Hetzer |
Kostüme | Andrea Kleber |
musik. Gesamtleitung | Bob Edwards |
KRITIK UND PRESSESTIMMEN
Das Musical (Heft 6 Ausgabe Aug./Sept. 1987)
Don´t dream it - see it!
Erfolgreiche "Rocky Horror Show" in den Berliner Kammerspielen
Finsternis, Donner und Blitz - dann geht der Horror los In den Berliner Kammerspielen treibt seit Mai
Frank N. Furter jeden Abend sein Unwesen. Rock, Horror, Sex und ein bißchen lustvoller Kitzel,
das alles bietet Richard O'Briens ,Rocky Horror Show' den - meist jugendlichen - Besuchern, die der Handlung mit großer Unterstützung folgen. Da wird mit Wasser gespritzt und
mit Feuerzeugen gefunzelt, kiloweise Reis verjubelt und auch noch - ,,Einen Toast auf Rocky!" -
Toastbrot durch die Luft geschleudert. Eben all das, was man sonst von der eingefleischten ,Rocky'-
Fan-Gemeinde im Kino während der ,,Rocky Horror Picture Show" erleben kann, und das schon
jahrelang.
Die unglaublichen Erlebnisse von Janet und Brad im Gruselkabinett von Frank N. Furter inszenierte die
Regisseurin ANNA VAUGHAN in allen Szenen grandios. Darsteller, technische Effekte, Bühnenbild
(KNUT HETZER) und Kostüm (ANDREA KLEBER) wachsen bei ihr zu einem Ganzen.Auch für die
Übertragung ins Deutsche zeichnet die Regisseurin selbst verantwortlich. Ihre glücklichste Hand
bewies sie jedoch mit der Auswahl ihres Ensembles:
ANDREAS LACHNIT in der Rolle des Brad Majors ist ein schmalbrüstiges Energiebündel mit
beachtlichem Stimmvolumen und großartiger Gestik. Wenn er arglos vertrottelt auf den nächtlichen
Besuch und die forschen Annäherungsversuche Frank N. Furters hin, seine Brille in die rechte Position
zurückschiebt und einen seiner Geistesblitze abschießt, bleibt im Publikum kein Auge trocken. Ebenso
seine Verlobte Janet Weiss. KATJA BRAUNEIS schafft es mit bewundernswerter Leichtigkeit, sich das
zu holen,was sie will, und trifft dabei immer den rechten Ton. Sie wirkt mal schüchtern,mal sexy,dann
wieder mitreißend elektrisierend. Ihre Stimme paßt sich jedem der Songs an, als ob sie nur für sie
geschrieben worden wären.
Schon allein wegen seiner Größe - mittels überdimensionaler Absätze in atemberaubende Höhe
getrieben - führt einfach kein Weg am Ersatz-Frankstein FRANK KIRSCHGENS vorbei. Unermüdlich
wirbelt er, soweit dies sein Schuhwerk zuläßt, in wallenden Umhängen und dampfender Unterwäsche
über die eigens mit einem Laufsteg vergrößerte Bühne. Seine Interpretation des Frank N. Furter behält
trotz frivolster Songtexte ("Sweet Transvestite") und schlüpfrigen Grimassenspiels ihre leichte Ironie
und eine wohltuende Distanz, so daß er nicht Gefahr läuft, in das sogenannte Tuntenmilieu abzurutschen.
Mitgerissen dankt es ihm das Publikum - niemand wird verschreckt, aber wirklich alle amüsieren sich -
und da macht es auch nichts, daß wohl nicht jeder den Wortwitz der englisch belassenen Liedtexte
genau versteht, während andere schon beim ersten Duett ("There's a light") voll andächtiger
Anteilnahme mitsingen und ihre Feuerzeuge in die Höhe halten. Spätestens dann, wird jedem
Besucher klar, daß dieses Musical schon langjährige Freunde besitzt.
Gerade von diesen wird auch Muskelmann Rocky, gespielt vom nicht gerade sonderlich muskelbepackten
Australier GREG SHAND, einer ,Leihgabe' vom Theater des Westens mit besonderem Wohlwollen
aufgenommen. Da wird dann schon mal ein "Ohhh!" von den jüngeren Damen hörbar, wenn er, nur mit
einem knappen Slip bekleidet, seine Tanz- und Verführungskünste unter Beweis stellt. Übrigens alles
in eigener Step-Choreographie, womit diesem vielseitigen Künstler endlich Gelegenheit gegeben
wurde, sein Können auch einmal auf diesem Gebiet unter Beweis zu stellen.
Apropos Können: Ebenso gekonnt ist das Kabinettstückchen von HANS-MARTIN STIER, der als
Dr. Scott zu den Rock'n-Roll-Klängen seinen Rollstuhl waghalsig auf der Hinterachse hin und her
balanciert. Das ist nur allzu verständlich, kann doch bei der fetzigen Musik, einstudiert vom erfahrenen
BOB EDWARDS und hervorragend dargeboten von einer fünfköpfigen Band, kaum ein Körperteil
ruhig bleiben. Nicht minder hektisch agieren die tierischen Darsteller, die elektrisch oder auch mittels
Handkurbel gesteuerten und bewegten Ratten, Katzen und die geifernden Fledermäuse.
Mitreissendes Temperament legten auch alle anderen schrillen Typen der irren Horror-Gesellschaft
aufs Parkett: CHRISTINA ROTHACKER als Magenta, ISABEL DÖRFLER als Columbia und der ,Chor'
von MARION MUSIOL, ANDREA WEISS, CLAUDIA WAUSCHKE, UWE KRÖGER, LEON BRINKMANN
und MARTIN WILLIAMS - hoffnungsvol1er Nachwuchs, der sich fast ausnahmslos noch in der
Musical-Ausbildung an der Berliner Hochschule der Künste befindet. Als Riff Raff hatte es CLAUDIO
MANISCALCO nicht leicht, gegen das Film-Vorbild Richard O'Brien anzuspielen, wie auch MICHAEL
DE WINTER als Erzähler keinen leichten Stand hatte. Bei RALPH SCHWACHMAYER hingegen
bedauerte man zutiefst sein frühes Hinscheiden - er war als Eddy einfach hinreißend!
Wenn zum Schluß der Vorstellung unsere Helden Brad und Janet vom Ort des Schreckens fliehen, ist
endlich die große Stunde des mittlerweile rasenden Publikums gekommen: Mit stehenden Ovationen
werden bei donnerndem Applaus Zugaben gefordert - und gewährt!
So funkelt nach ,La Cage aux Folles' und ,Linie 1' nun die dritte Leuchtrakete an Berlins glitzerndem Musicalhimmel.
Und um es mit der verrückten Horrorgesellschaft eigenen Worten zu sagen:
Don't dream it - see lt!
D.Plögert/M.Barricelli
Und das Grauen geht weiter
In just seven day´s - Nein, nicht in sieben Tagen sondern in sieben Jahren sollten die Berliner Kammerspiele
wieder von Frank-N-Furter und seinem Gefolge heimgesucht werden.
Tagesspiegel 17.02.1994
Transsylvanien in Moabit
"The Rocky Horror Show", neu inszeniert in den Berliner Kammerspielen
Dies alles konnte man in den Berliner Kammerspielen schon vor sieben Jahren besichtigen, mit
kleinen Gänsehäuten auf dem Rücken und kräftigst stimulierten Lachnerven: die Fetzen roten
Tuchs beispielsweise, die das von den Wänden fließende Blut simulieren sollen, oder die
handbewegten schwarzen Fledermäuse, die über den Köpfen der Zuschauer durch die
transsylvanischen Lüfte torkeln. Und natürlich gab's auch damals schon den kleinen Totenkopf,
der sich bleichwangig an den Fuß des Grabkreuzes schmiegt, von einem Tod ohne Erlösung flüstert
und das eher erwartungsfrohe als erwartungsbange Publikum in Moabit in die Rocky Horror Show
einstimmt. 1973 in London zum besten Musical des Jahres gekürt, konnte sie danach auf der Bühne
wie auch auf der Leinwand zum Kultstück avancieren.
Was der Autor und Komponist Richard O'Brien in seinem Musical zwischen Komik und Grauen, Parodie
und vampirischem Schrecken auf der Bühne entfesselt wissen will, hat in den verganqenen sieben
Jahren nichts von seiner Wirkung eingebüßt, indes die Inszenierung und die Choreographie
von Anna Vauqhan in der themengerecht verunheimlichenden Ausstattung von Knut Hetzer und
Andrea Kleber an Schärfe der Pointierung, erotischer Anzüglichkeit und Spieltempo sogar noch
dazugewonnen haben. Als Jungverlobte gewinnen Katja Brauneis und Andreas Lachnit in dem Maße,
an Gewitztheit des Auftretens, in dem sie sich in den von Blut und Sex triefenden Labyrinthen der
transsylvanischen Unterwelten verheddern; in der Rolle des mit wüstem Charme und artistischer
Körperbeherrschung auftrumpfenden Rocky macht Carl Hudson fast vergessen, daß er eigentlich
aus Leichenteilen zusammengestückelt wurde, und als Riff Raff macht Adrian Becker fast so gute
böse Figur wie Felix Martin in der Rolle des transsylvanischen Draufgängers Frank N. Furter, der sich
trotz oder gerade wegen seines furchterregenden Gebarens ohne Mühe die Sympathien aller jungen
Frauen in Transsylvanien und in den Moabiter Kammerspielen zu sichern vermag.
Vor dem zündend verrockten musikalischen Background, den fünf junge Musiker unter der Leitung von
Bob Edwards publikumswirksam ausstaffieren, machen auch die anderen Darsteller von Janca
Steinberqer und Bettina Ratschew über Hans-Martin Stier bis zum Erzähler Eberhard Prüfers jederzeit
gruseliges Äufsehen. Das junge Publikum begleitet ihre witzigm phantasievoll und schamlos sexy
inszeniertewn Liebes- und Schattenspiele mit anfeuernden Zwischenrufen und kennerischen
Kommentaren. Der Schlußbeifall entwickelte sich zu einer ausgelassenen
Randale.
HELLMUT KOTSCHENREUTHER
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